Verspätetes Finale
Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!
Das Finale um die deutsche Fußball-Meisterschaft 1894 wurde per Amtsbescheid entschieden - weil sich eine Mannschaft die Reise nicht leisten konnte. Nach 113 Jahren wird das Spiel nachgeholt.
 Der erste deutsche Fußballmeister: Viktoria Berlin. Foto: Viktoria Berlin | | "Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!“ So rufen Fußball-Fans seit 1985, wenn es ihre Mannschaft in das Endspiel des DFB-Pokals geschafft hat. Jeden Sommer pilgern sie in Bussen, Zügen und Flugzeugen in die Hauptstadt. Bitter wäre, wenn sich die Spieler der Mannschaft diese Reise nicht leisten könnten.
Genau das geschah im Jahr 1894: Der 1. Hanauer FC 1893 sollte im Finale um die erste deutsche Fußballmeisterschaft gegen den Berliner Thorball- und Fußball-Club Viktoria antreten. 15 Stunden dauerte damals eine Zugfahrt von Hanau nach Berlin, man musste bis zu acht Mal umsteigen. Obwohl es vier unterschiedliche Klassen gab, konnten sich nur höhere Schichten diese Reise leisten. Die Hanauer Spieler jedoch nicht, sie mussten absagen.
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 Die Mannschaft des Hanauer FC aus dem Jahr 1899. Foto: Hanauer FC | | Per Amtsbescheid wurde Viktoria zum ersten deutschen Fußballmeister erklärt. Organisiert wurde die Meisterschaft vom Deutschen Fußball- und Cricketbund. Der Deutsche Fußball-Bund wurde erst 1900 gegründet - Meisterschaften, die davor ausgetragen wurden, sind deshalb nicht offiziell anerkannt.
"113 Jahre später haben wir endlich einen Sponsor gefunden, der die Reise bezahlt“, sagt der Hanauer Präsident Thomas Tamberg. Seine Mannschaft wird - wie damals üblich - in weißen Hemden und langen Hosen spielen. Beide Mannschaften treten mit dem aktuellen Kader an. "Leider haben wir keinen Nachfahren eines Spielers von damals gefunden“, sagt Tamberg. Der Bezirksligist aus Hanau gilt als Außenseiter gegenüber dem zwei Klassen höher spielenden Viktoria Berlin.
Um Chancengleichheit zu wahren, gibt es zwei Endspiele: Das Hinspiel findet am Samstag in Hanau statt, eine Woche später folgt die Revanche in Berlin. "Wir hoffen auf 10.000 Zuschauer", sagt Tamberg. "Sogar Fans aus Kolumbien und Italien haben Tickets bestellt."
Einen Unterschied zu damals gibt es noch: 1894 bestanden die Tore aus zwei Stangen, die acht Schritte voneinander entfernt standen. In drei Metern Höhe wurde eine Schnur gespannt, die als Querlatte diente. Nun wird auf offizielle Alu-Tore gespielt - und endlich die Frage nach dem ersten deutschen Fußballmeister geklärt. |
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# Eingestellt von Manfred @ Samstag, Juli 21, 2007
